TEGELER SEGEL-CLUB e.V.
Segeln seit 1901 im Norden Berlins
tsc stander

Abslippen im Staub
oder: Der Tegeler Staub Club e.V.

Akronyme sind in einer schnelllebigen Welt ja sehr beliebt. Wer sagt schon, dass er sein Auto über den technischen Überwachungsverein bringt oder die Lakritze von Hans Riegel in Bonn liebt. Da bekanntermaßen die Zahl der täglich für einen maskulinen Zeitgenossen bereitstehenden Worte massiv beschränkt ist, wird versucht zu sparen, wo immer es geht. Akronyme, Initialworte, Abbreviaturen oder kurz Abk. sind daher sehr beliebt und bürgern sich immer stärker ein.

Wer weiß denn noch wofür LASER oder RADAR steht? (Sinnvolle Lösungsansätze bitte an den Autor, Auflösung im nächsten Rundschreiben). Je kürzer ein Akronym desto besser, denn umso mehr lassen sich sinnentleert aneinander hängen. Man erhält dann atemberaubende Konstrukte linguistischer Unzulänglichkeiten, wie zum Beispiel (äh z.B. natürlich): "Wir stiegen beim TÜV in den ÖPNV, da unser KFZ nicht i.O. war. Am ZOB trafen wir auf ASB und DLRG, die begleitet wurden von der DGzRS, den Jusos und den Freaks vom WWW." Besonders spannend ist es natürlich, wenn solche Akronyme jedoch mehrfach belegt sind. Gutes Beispiel geben die werten Kollegen von der Tourensegler Vereinigung ab, die wohl schon manches Mal zu einem Turn- und Sportverein "degradiert" wurden.

Auch der Tee-Ess-Zeh kann mit Möglichkeiten seiner Namensdeutung in allen Schattierungen aufwarten. Wohlbekannt sind Anspielungen auf den Runden Tisch oder das hohe Alter der dort sitzenden Kameraden. Seit diesem Frühjahr hat sich jedoch eine neue Varianten ausgebildet: Tegeler Staub Club. Betrachten wir kurz die Entstehungsgeschichte dieser Form: Gut, wir sehen nichts; und das liegt an dem vielen Staub, der sich aus dem Saal in aller Selenruhe über den ganzen Club aber insbesondere auf die Messe gelegt hat.

Nachdem die erste Umbauphase des Saals durch den Abriss des alten Interieur gekennzeichnet war und mannigfaches Gläserputzen zur Folge hatte, sollte in der zweiten Phase alles besser werden. Doch was so ein echter Staub Club ist, der lässt sich so leicht nicht lumpen: Im Saal wurde zunächst ein Ständerwerk aus Blechprofilen an die Wände geschraubt und mit Dämmwolle gefüllt. Die staubt ja schon mal ganz prima. Kaum, dass diese hinter einer gelben Folie verschwunden war und man wieder einigermaßen durch die heiligen Hallen blicken konnte, wurde ein weiteres Ständerwerk aufgebaut, welches mit Rigipsplatten verkleidet wurde. Calciumsulfat kommt in der Natur als klumpiges Selenit-Gestein vor und hat dabei sicher den charmanten Vorteil nicht ganz so feinkörnig zu sein. Tut man jedoch die mikrofeine Variante (auch Gips genannt) zwischen zwei Pappplatten und nennt das ganze Einmannplatte, dann ist erneut prima Staub vorprogrammiert. Und so kam es denn natürlich auch. Feine weiße Partikel schmückten Haupt, Haar und Bauch der wackeren Recken, die die Platten schnitten und brachen. Schließlich standen die Wände. An Stirn- und Erkerseite des Saals waren zwischen den Wänden etwa 15 cm Luft. Dadurch wird der Saal zwar etwas kürzer, aber es macht Sinn, vor allem, wenn man bedenkt, dass unten in den Wandplatten große Löcher sind. Alles klar, Löcher in der Wand und deshalb wird der Saal kleiner, jetzt hat Jürgens wohl ne Kugel zu viel gehabt. Nein, nein, keine falsche Hoffnung: Die Lösung liegt in der Lüftung, die komplett neu in den Saal eingebaut werden soll. Vom Dachboden aus kommend führen Zuluftrohre an der Decke entlang bis zu den doppelten Wänden. Hier ergießt sich dann wundervoll frische (und hoffentlich staubarme) Luft in den Bereich zwischen den beiden Wänden, um dann durch die Öffnungen (welche später ein schickes Gitter tragen werden) in den Raum zu treten und ihren nutzbringenden Job als Lungenerquickung zu erledigen. Und damit man die Rohre nicht so hässlich an der Decke sieht, wird die Decke in einem äußeren Kranz etwas abgesenkt. Das hat dann noch den sehr sinnvollen Charakter, dass man einen Spalt zwischen der höheren Decke in der Saalmitte und dem Kranzteil erhält. Dieser nimmt nicht nur Lämpchen gegen die zumindest nachts grassierende Dunkelheit, sondern auch die Abluft auf. Würde die Decke diesen Dienst verweigern, würden entweder auf lang oder kurz die Fenster sich unwillkürlich nach außen wölben oder man könnte in der Schiebetür zur Messe segeln gehen.

Segeln? Segeln?? Segeln! Da war doch was: TSC, das heißt nicht Totale Saalumbau Crew sondern irgendwie anders: Tegeler... Segel... Club... Ach ja! Anfang April wurde diese uralte Bedeutung wiederentdeckt und aus den gepuderten Perückenträgern der Rigipsfront wurden wieder sturmwettergegerbte (Binnen-)Seebären. Ein entstaubender Ruck ging durch den Club, als Bommel und Florian "Schiene frei!" riefen und der Kran morgens um 7 Uhr seine Arbeit aufnahm, um Schiff für Schiff wieder ins angestammte Revier zurückzuversetzen. In diesem Jahr zeigte sich die Malche zum vorbestimmten Termin von ihrer flüssigen Seite und das einzige, was das Eis verzögerte, war die Erlangung der Badehosenfigur bei manch einem Magnum-Jünger auf der Terrasse. Bei schönem, trockenen Wetter brauchten die vielen fleißigen Hände nicht allzu lange, bis auch Wulf's Sirius wieder feuchte Schraubenblätter und die ersten Algen am Kiel hatte.

Nur kurz wurde die Kranidylle gestört, als mit einem Mal aus der Terrasse ein Disco-Dance-Floor wurde und der Kranführer statt Felix Kommandos nur noch erfuhr, das es Umständen geben kann, in denen Rückwärtslachen die Ehe rettet. Des Rätsels Lösung war ein erster Sound-Check der neuen Musikanlage. Nicki und Kai hatten gerade 2km Kabel im staubigen Teil des Clubs verteilt und wollten mal sehen, ob diese das taten, was sie sollten. Jaja, die Tegeler Strippenzieher Connection. Doch davon ein anderes Mal mehr.

Kai Jürgens

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